Das Brahms-Institut ist ein echtes Kleinod der Hansestadt. Mit der Digitalisierung seiner wertvollen Schriftstücke und Fotos lässt das Team um Professor Wolfgang Sandberger die Öffentlichkeit am Wirken des Komponisten und dessen Weggefährten wie Julius Stockhausen teilhaben.
Im Jahr 2011 durfte sich das Brahms-Institut über den spektakulären Nachlass von Renate Wirth freuen. Ihre beiden Großväter, der Bratscher Emanuel Wirth und der Sänger Julius Stockhausen, waren renommierte Musiker und gehörten zum Freundeskreis von Johannes Brahms. Derzeit ist man im Institut eifrig damit beschäftigt, den Teilnachlass von Julis Stockhausen zu digitalisieren. Zu dessen Hinterlassenschaft zählen mehrere tausend Stücke, darunter eine umfangreiche Briefsammlung inklusive privater und geschäftlicher Korrespondenz sowie ungezwungene Fotos, die etwa den gealterten Stockhausen beim Weihnachtsfest im Kreise seiner Familie zeigen. Aus musikwissenschaftlicher Sicht interessant sind vor allem Liedertexte und Notenausgaben mit handschriftlichen Anmerkungen. „So erhalten wir einen Blick in Stockhausens Werkstatt und die damalige Musizierpraxis“, sagt Institutsleiter Professor Wolfgang Sandberger. Natürlich werden die wertvollen Originale nicht einfach durch den Scanner „gejagt“. Mit der Erschließung und Digitalisierung des Nachlasses sind Sarah Hodgson und Fabian Bergener betraut, während eine Spezialfirma die Seiten im Institut einzeln abfotografiert. Der aufwendige Prozess wird unter anderem von der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung finanziert.
Bitte keine Dilettanten!
„Durch die vielen Dokumente können wir Stockhausens Künstlerpersönlichkeit plastisch zeigen“, freut sich Bergener. Was der wissenschaftliche Institutsmitarbeiter damit meint, wird etwa in einem Briefwechsel deutlich, in dem Stockhausen einem Konzertveranstalter seine Bedenken hinsichtlich eines kommenden Auftritts schildert. Darin klagt der Vollprofi, er würde „Blut und Wasser schwitzen“, sollten seine Nebenpartien beim nächsten Auftritt wieder mit „Dilettanten“ besetzt werden. „Stockhausen war einer der berühmtesten Sänger und einer der führenden Gesangspädagogen seiner Zeit. Dieser Rolle war er sich natürlich bewusst“, erklärt Wolfgang Sandberger. Der Professor für Musikwissenschaft leitet das Institut am Jerusalemsberg seit 1999. Drei Jahre später brachte er die Digitalisierung des gesammelten Kulturerbes auf den Weg – eine damals mutige, aber richtige Entscheidung. „So können wir die Originale schonen und sie gleichzeitig einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen“, sagt Professor Sandberger. Unter der Rubrik „Brahms digital“ finden sich auf der Institutswebsite unter anderem zahlreiche Fotos, Briefe und Handschriften des Komponisten sowie Brahms gewidmete Werke. Der Stockhausen-Teilnachlass soll bis Anfang 2022 folgen.